Abtreibungsaktivisten bei einer Gegendemo zum 1000-Kreuze Marsch in Münster |
(Achtung: Um das Denken und den Schreibstil der Abtreibungsaktivisten möglichst genau wieder zu geben, wurde in diesem Artikel die Gender-Sprache in den Zitaten belassen. Auf diese Weise erkennt man besser, in welchem ideologischen Konstrukte sie leben).
„Die Sprache von Abtreibungsgegner*innen reduziert Frauen zum Container des Embryos. So gerät ihr Recht auf Selbstbestimmung in Gefahr“ steht es in einem Artikel der TAZ über die Wirkung der Sprache in der Debatte um den Paragraphen 219a geschrieben. Behauptet wird, dass „selbsternannte Lebensschützer“ mit Begriffen wie „ungeborenes Leben“ die öffentliche Wahrnehmung von Schwangerschaftsabbrüchen infiltrieren, zu Lasten des Selbstbestimmungsrechts der Frau über ihren eigenen Körper.
Dagegen wird gefordert, Föten und Embryos nicht mehr als „ungeborenes Leben“ zu bezeichnen, mit der Begründung, dass es so etwas nicht gäbe. Die letzte Aussage geht auf eine Erklärung der Historikerin Barbara Duden zurück, dass der Körper der Schwangeren Frau bis ins 18. Jahrhundert hinein als Einheit mit dem Embryo betrachtete wurde, bis dieser durch moderne technische und medizinische Entwicklungen sichtbar gemacht werden konnte. Seitdem würde die schwangere Frau vor allem als „Behälter“ wahrgenommen bzw. dazu degradiert werden.
Diese Punkte aus dem TAZ-Artikel stehen hier exemplarisch für die Argumentationsweise sich radikalisierender "Abtreibungsbefürworter*innen". Mit ein wenig Selbstkritik kann man zustimmen, dass die Sprache von Lebensschützerinnen und Lebensschützern manchmal (zu) emotional werden kann. Dass es in Abtreibungsdebatten mit Pro- und Contra -Stimmen schnell Emotional zugeht liegt vor allem daran, dass es bei diesem Thema wenig Kompromisse zu geben scheint, wenn etwa unvereinbare Auffassungen von Leben und Rechtsverständnis aufeinander prassen.
Andererseits ist es widersprüchlich und zynisch, der Gegenseite vorzuwerfen, die öffentliche Wahrnehmung durch Sprache zu manipulieren, wenn man selbst Begriffe wie „Schwangerschaftsgewebe“ für die Beschreibung von sich im Mutterleib entwickelnden Leben verwendet, um dieses für eigene Zwecke zu entmenschlichen.
Die Wirkung von Sprache im öffentlichen Diskurs sollte fürwahr nicht unterschätzt werden. Menschen, die sich in ihren Positionen radikalisieren und ein ausgeprägtes und unter Umständen gewaltbereites „Wir Guten gegen die Bösen“ Weltbild entwickeln, neigen zu einer feindseligen und stark polemischen Sprache.
Darunter fallen unter anderem abfällige, hässliche Bezeichnungen für etwas eigentlich wunderbar Normales und Schönes, wie das besagte „Schwangerschaftsgewebe“, der „Zellklumpen“ oder auch „Container“ für eine schwangere Frau.
Mit Letzterem soll vor das Frauenbild der Lebensrechtler karikiert werden, die auf diese Weise als generell frauenfeindlich und rückständig „geoutet“ werden sollen.
Dass die Abtreibungsaktivisten den Begriff "Lebenschützer" meistens in Anführungszeichen oder mit vorangestelltem „selbsternannte“ verwendet wird soll suggerieren, dass es ihnen nicht wirklich um den Schutz von Leben ginge, weil sie sich angeblich nur um ungeborenes menschliches Leben kümmern, während ihnen etwa das Wohlergehen bereits geborener Menschen und von nichtmenschlichen Lebewesen egal sei.
Besonders gerne wird hier das Schreckgespenst vom alten weißen Mann, der in erster Linie Frauen unterdrücken möchte, heraufbeschworen. Dass sich unter ihnen genauso gut eine junge Vegetarierin mit Migrationshintergrund befinden könnte wird eher nicht beachtet.
Dass Menschen, die sich für den Schutz ungeborenen Lebens einsetzen, unterschiedliche Individuen sind, die sich daneben auch mit anderen ethische Themen beschäftigen können, zum Beispiel dem Schutz von Natur und Tieren, Frauen und Kindern oder den Rechten von Menschen mit Behinderung, u. A. wird ignoriert, um sie als einseitige Masse darzustellen.
Es ist daher wichtig, diesem Trend der einseitigen Darstellung und sprachlichen Diffamierungen von Menschen, die im Lebensschutz tätig sind, entgegenzutreten und dazu gehören auch Selbstkritik, die Beschäftigung mit den Argumenten der Gegenseite, Sachlichkeit und ein höflicher Umgang miteinander. Es wäre zumindest wünschenswert, wenn auf diese Weise ein fairer, ernsthafter Diskurs ohne Vorverurteilungen zwischen beiden Seiten möglich wäre.
Quelle: Bezug zum taz-Artikel: Debatte Sprache und Paragraph 219a Es gibt kein „ungeborenes Leben“