Mittwoch, 27. März 2024

In Belgien steigen rasant die Fälle von Sterbehilfe


Lina Jurczik

Belgien, als ein Land mit liberalen Gesetzen zur Sterbehilfe und Euthanasie bekannt, steht vor einer wachsenden Debatte und Herausforderungen angesichts eines Rekordhochs bei den Todesfällen im Zusammenhang mit diesen Praktiken im Jahr 2024.

Seit der Legalisierung der Sterbehilfe im Jahr 2002 hat Belgien eine stetige Zunahme bei der Anzahl der Menschen verzeichnet, die sich für einen assistierten Tod entschieden haben. Laut den kürzlich veröffentlichten Daten der Federal Control and Evaluation Commission for Euthanasia (FCEE) ist die Zahl der Sterbehilfetoten von 2022 auf 2023 um alarmierende 15 % gestiegen, was einen Rekordwert darstellt.

Während 2002 nur 24 Menschen sterbehilfebedingt starben, erreichte diese Zahl im Jahr 2023 sprunghaft 3.423, darunter sogar ein 16-jähriges Mädchen, das kurz nach seinem Geburtstag eingeschläfert wurde. Ein beträchtlicher Anteil dieser Fälle betrifft  Personen unter 70 Jahren. Unter den Sterbehilfetoten wurden auch 89 Menschen ausschließlich wegen psychischer Erkrankungen wie Depressionen oder neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer eingeschläfert. Darüber hinaus reisten 110 Personen aus dem Ausland nach Belgien, um hier ihren Tod durch Sterbehilfe zu finden.

Trotz dieser bereits hohen Zahlen weisen Experten darauf hin, dass die tatsächliche Anzahl der Sterbehilfetoten wahrscheinlich noch höher ist. Das Europäische Institut für Bioethik schätzt, dass 25 bis 35 % der Sterbehilfefälle nicht gemeldet wurden, was bedeutet, dass die tatsächliche Zahl der Todesfälle zwischen 4.278 und 4.621 liegen könnte.

Internationale Aufmerksamkeit erregten auch einige besonders tragische Fälle Zum Beispiel wurde Tine Nys im Jahr 2010 allein aufgrund einer falschen Autismusdiagnose eingeschläfert. Ihre Familie kämpft seit über einem Jahrzehnt für Gerechtigkeit und betont, dass Nys nicht autistisch war, sondern an anderen psychischen Problemen litt und mit Selbstmordgedanken kämpfte. Ärzte, die in ihrem Fall involviert waren, zeigten erschreckende Mängel an Empathie und Professionalität.

In einem anderen Fall wurde eine 36-jährige Frau im Jahr 2022 mit einem Kissen erstickt, nachdem der ihr verabreichte tödliche Cocktail nicht die erwartete Wirkung zeigte. Ein weiteres Beispiel ist eine Frau, die allein aufgrund einer Depression sterben wollte.

Foto: Guillaume Meurice in Pexels