Dienstag, 23. Februar 2021

Joe Biden und die Abtreibungsfrage: Warum rufen sie den Gott an, dessen Gesetz sie missachten?

 


von John Horvat II

Präsident Bidens Amtseinführungszeremonie war voller Symbolik und Unwägbarkeiten. Die Atmosphäre auf dem Vorplatz zum Kapitol und der Promenade war zum Zerreißen gespannt, als Tausende von Soldaten der National-Garde das Kapitol umstellten. Die Szenerie war weniger von düsterer Feierlichkeit geprägt als vielmehr von nervöser Unruhe angesichts einer gespaltenen Nation. 

Seltsam muteten die zutiefst religiösen Untertöne an, die bei der Zeremonie zu beobachten waren. Sie riefen den christlichen Gott und keinen anderen an. Für eine säkulare Regierung, die Gott nicht offiziell anerkennt, wurde Gott bei dieser Amtseinführung nicht im apologetischen Sinne angerufen. Denjenigen, die fanatisch die Trennung von Kirche und Staat verkünden, muss diese religiöse Note, die so eng mit der weltlichen Feier verschmolzen war, verfassungswidrig erschienen sein. 

Umgeben von christlicher Symbolik

Der neue Präsident umgab sich zu Beginn seiner Amtsperiode mit christlicher Symbolik. Er erschien zur hl. Messe in der St.-Matthew’s Cathedral in Washington. Später übermittelte Pater Leo J. O’Donovan III, ein Jesuitenpriester und ehemaliger Präsident der Georgetown University eine Grußbotschaft zum Amtsantritt. Reverend Silvester Beaman, der Pastor der Bethel African Methodist Episcopal Church in Wilmington, Delaware, gab seinen Segen. Nach der Antrittsrede des neuen Präsidenten sang der Country-Sänger Garth Brooks das geistliche Lied Amazing Grace. 

Während seiner Antrittsrede stellte Präsident Biden christliche Bezüge her, die mehr als nur beiläufige Bemerkungen waren. Er führte den hl. Augustinus mit einer vereinfachten Version seiner Definition eines Volkes an, er zitierte Schriftstellen aus der Bibel und forderte die kleine Menge der Versammelten zu einer Minute stillen Gebetes für die Vereinigten Staaten von Amerika und die an Corona Verstorbenen auf. Der neue Präsident sprach über seinen „heiligen Eid vor Gott“. Für seinen Schwur benutzte er eine alte Familienbibel. Wie alle politischen Reden beendete er seine Ansprache, indem er Gott bat, Amerika und die Armee zu segnen. 

Historisch betrachtet war die Amtseinführungszeremonie nicht ungewöhnlich. Amerikanische Amtseinführungen waren immer schon zutiefst religiös und christlich geprägt. Traditionell haben die Politiker stets über verfassungsrechtliche Implikationen hinweggesehen und die Wünsche einer amerikanischen Nation erfüllt, die bis heute zutiefst religiös geblieben ist. 

Trotzdem hob sich diese Amtseinführungszeremonie mit den vielen religiösen Anklängen von den vergangenen aufgrund von drei Widersprüchen ab. Vielleicht spiegelte die angespannte Atmosphäre teilweise diese Widersprüche wider. Auf der so gut wie leeren Promenade wollte sich kein Gefühl von Segnungen einstellen, die von allen gefeiert wurden. Der vom Militär umstellte Vorplatz zeugte nicht von dem Vertrauen, das für die Religion so grundlegend ist. 

Gott anrufen und dennoch Sein Gesetz missachten

Der erste der Widersprüche bestand darin, dass auch die Teilnehmer der Amtseinführungszeremonie ständig Gott anriefen. Jeder weiß doch im Grunde, dass diese neue Regierung, angespornt von ihren radikalsten Anhängern, Gottes Gesetz, wie es in den Zehn Geboten zusammengefasst ist, ebenso weihevoll ignorieren wird. Es ist kein Geheimnis, dass die Wahlkampfagenda Bidens so ziemlich das antichristlichste Programm war, das je bei amerikanischen Parlamentswahlen präsentiert wurde. 

Präsident Biden steht auf Kriegsfuß mit Gottes Geboten in Schlüsselthemen wie Abtreibung, Homoehe und der LSBTTIAQ+-Agenda (die Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Transsexuelle, Intersexuelle, Asexuelle, Queer und weitere (+) umfasst). Darüber hinaus hat er sich verpflichtet, diese Anliegen mehr als jeder andere Präsident voranzutreiben. Zusätzlich zu diesen Themen, betreffend das Vierte, Fünfte und Sechste Gebot, hat die radikale Linke versprochen, den Präsidenten und das Land zu einer immer sozialistischeren Position zu bewegen, wovon das Siebte und Zehnte der Gebote tangiert werden. Viele Katholiken befürchten bereits, dass staatliche Vorschriften sie bald daran hindern werden, ihren Glauben zu praktizieren – was das Erste und Dritte Gebot beeinträchtigen würde. 

Angesichts einer Agenda, die sich bereits bedrohlich am Horizont abzeichnet, besteht in diesen Anrufungen Gottes ein zynischer Widerspruch – eine Verletzung des Zweiten und Achten Gebots. Alle Menschen sollten Gott anrufen. Doch können diejenigen, die Gott anrufen und dabei Sein Gesetz missachten, erwarten, von Ihm erhört zu werden? Was kann die Nation von diesen Anrufungen erwarten, wenn sie den eingeschlagenen Weg von Sünde und Frevel weiter beschreitet? 

Liberale Symbolik wirkt nicht anziehend

Der zweite Widerspruch bestand darin, dass diejenigen, die eine liberale Agenda unterstützen, bei der Amtseinführungszeremonie keine liberale Symbolik verwendeten. Dies hätte ihre Weltanschauung besser wiedergegeben. Das Jahr 2020 war in der Tat angefüllt mit solch liberaler Bildsprache und Symbolik. Vor dem Kapitol fanden sich jedoch keinerlei Black-Lives-Matter-Symbolik oder Regenbogenflaggen. 

Wenn indes die liberale Agenda so attraktiv ist, dann sollte die Amtseinführung doch eine Feier jeder linken Sache und jedes linken Ideals sein. Sie hätte eine „lebhafte“ Zurückweisung der Tradition sein müssen, die doch angeblich von „systemischen Rassismus“ durchdrungen ist. 

Doch es wurden alle traditionellen Symbole und christlichen Anrufungen Gottes beibehalten, weil sie die amerikanische Seele so tief berühren. Die säkulare Gesellschaft ruft keinen gütigen Gott an. Ihre Idole sind die kalten, fanatischen und unersättlichen Götzen des Materialismus, des Individualismus und des technischen Fortschritts. Und die Götzen der Political Correctness sind grausam und gnadenlos. 

Der Rückgriff auf die Tradition unterstreicht nur den Bankrott liberaler Ideen. Sie binden die Vorstellungskraft des amerikanischen Volkes nicht an sich und vermögen es auch nicht. 

Machtvolle Anrufungen

Schließlich beweist der fortgesetzte Gebrauch der religiösen Anrufungen Gottes nur, dass diese Bittgebete wirksam und wahr sind. Sie spiegeln Jahrhunderte christlicher Anbetung wider, in denen Gott denen half, die Ihn anriefen. Solche Traditionen halten an, weil die meisten Amerikaner Gottes Großzügigkeit und Barmherzigkeit erfahren haben. 

Somit haben die Anrufungen bei der Amtseinführungszeremonie ihre Grundlage in der Realität. Das säkulare Glaubensbekenntnis versucht sie aber [und dies ist der dritte Widerspruch] in leere Formeln und Konventionen umzuwandeln, die wenig Bedeutung haben. In dieser Reduktion auf leere Worte, die sowohl von links als auch von rechts praktiziert wird, hat Amerika seinen moralischen Kompass verloren. 

Dies ist keine Verurteilung der Personen, die diese Anrufungen vorgenommen, sondern ein Urteil über den Kontext, in dem sie stattgefunden haben. Amerika ist eine sündige Nation und kann ohne Reue, Buße und Umkehr sowie das Halten Seiner Gebote keine Barmherzigkeit Gottes erwarten – egal, wer diese Bitten ausspricht. 

Die Lehre aus dieser Amtseinführung ist, dass diejenigen, die Gottes Gesetz missachten, keine Einheit [der Nation] erwarten können, was das Thema der Präsidentenansprache gewesen war. Es werden stattdessen Zwietracht, Totenstille und Spannung herrschen, welche die leere, von Soldaten bewachte Promenade symbolisierte. 

Die Linke erkennt implizit an, dass die Verwendung christlicher Symbolik anziehend und kraftvoll ist. Es zeigt indes die Schwäche der radikalen Linken, dass sie niemals Ideale und Symbole haben kann, die mit denen der katholischen Anbetung des allmächtigen Gottes auch nur annähernd vergleichbar wären. Sie kann nicht Gottes Güte und Barmherzigkeit erlangen, wenn sie sich Seinem göttlichen Gesetz nicht unterwirft. 

Die religiöse Amtseinführung weist auch auf die Stärke derer hin, die immer noch an Gott glauben und auf Ihn vertrauen. Die Amerikaner müssen insgesamt zu Gott zurückkehren. Wenn sie dies tun, werden sie am eigenen Leib erfahren, wie treu Jesus seiner Verheißung ist: „Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, und dies alles wird euch dazugegeben werden“ (Mt 6,33).