Freitag, 6. Dezember 2019

Stillen mit Smartphone


Christiane Jurczik

Schon für Säuglinge wird die übermäßige Nutzung von Smartphones inzwischen zum Problem: Wenn Mütter während des Stillens ständig auf den Bildschirm starren, dann trinken oder schlafen die Babys schlechter. Bindungsstörungen können die Folge sein, wenn die Eltern während der Betreuung ihrer Kleinkinder digitale Medien nutzen. Und schon 70 Prozent der Kinder im Kindergartenalter spielen heute mehr als eine halbe Stunde täglich selbst am Smartphone – meist an dem der Eltern. Das hat oft gravierende Folgen: Die Kinder werden zappelig, leiden unter Konzentrationsstörungen und sind in ihrer Sprachentwicklung gestört.

Auch Hebammen äußern Bedenken, dass der ungestörte erste Kontakt zu dem Neugeborenen als Voraussetzung für gutes Stillen gestört werde. Das Smartphone kann von den Signalen des Säuglings ablenken.

Längst wissen wir, wie störanfällig Geburts- und Bindungsprozesse sind. Die Anwesenheit vieler Menschen, ständiges Öffnen der Tür und Ablenkungen, die den Neocortex ansprechen, behindern die Mütter dabei, sich in die natürlichen Abläufe hineinfallen zu lassen. Smartphones bieten noch mehr Möglichkeiten, Mutter und Kind immer wieder aus ihrem individuellen Rhythmus zu bringen.

Der Smartphone-Gebrauch ist aktuell gerade beim Stillen für viele Mütter eine Selbstverständlichkeit geworden, die von Fachleuten kritisch gesehen wird.

Viele Mütter haben in diesen Stillzeiten ganze Romane gelesen. Ist der Gebrauch des Smartphones, womit nicht das Lesen eines E-Books gemeint ist, nicht mit dem Lesen gleichzusetzen?

Nein, denn ein Monitor mit bewegten Bildern zieht einen Menschen in der Regel tiefer in seinen Bann. Doch gerade in der ersten Zeit brauchen Mütter ihre ganze Aufmerksamkeit, um die Feinzeichen ihrer Kinder lesen zu lernen. Babys signalisieren Müdigkeit oder Hunger nicht allein durch lautes Weinen. Dem gehen viele kleine Signale voran, die nur von jenen wahrgenommen werden, die eine gewisse Achtsamkeit dafür aufbringen.

Akustische und optische Signale verstärken dies zusätzlich. Der Stressfaktor ist also wesentlich höher als beim Lesen eines Buches. Zu den Gefahren durch die Strahlung eines Smartphones gibt es einige konkreten Empfehlungen.

Eine im Mai 2016 im Journal of Epidemiology & Community Health veröffentlichte Studie kam zu dem Ergebnis, dass ein erhöhtes Risiko von emotionalen Auffälligkeiten und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern womöglich mit dem prä- und postnatalen Smartphone-Gebrauch der Mütter in Zusammenhang zu bringen ist (Sudan et al. 2016). Diese Erkenntnisse decken sich mit früheren Studien zum Thema.

Handystrahlung birgt Risiken - gerade für Babys. Forscher raten immer wieder zu einem Mindestabstand vom Handy zum Körper aufgrund der Strahlung.

Handystrahlung ist immer wieder in der Kritik. Mittlerweile hat die WHO Handystrahlung als "möglicherweise krebserregend" eingestuft und rät nach dem Vorsorgeprinzip zu einem gemäßigten Umgang mit den Mobiltelefonen.

Babys sind Schutzbedürftige: es ist zu beachten, dass Kinderköpfe wesentlich kleiner und empfindlicher sind als die von Erwachsenen. Die Schädeldecke muss noch wachsen und ist durchlässiger für schädliche Strahlung. Somit nimmt ein Baby ein Vielfaches an Strahlung auf - die Folgen sind ungewiss. Stellt sich abschließend die Frage: Was ist wichtiger?

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