Christiane
Jurczik
Eine Langzeitstudie hat ergeben, dass es während der
Schwangerschaft zu Veränderungen in Hirnarealen der sozialen Kognition kommt.
Diese sind höchstwahrscheinlich für die spätere Fürsorge der Mutter für das
Kind verantwortlich (Nature Neuroscience 2016; doi: 10.1038/nn.4458).
Bei den Vätern wurden keine entsprechenden Veränderungen entdeckt – was aber
eine Fürsorge nicht ausschließen muss.
Wenig beachtet wurden die Auswirkungen der
Hormone auf das Gehirn. Das haben Elseline Hoekzema von der Universität Barcelona
und Mitarbeiter an einer Gruppe von 25 Frauen mit Kinderwunsch untersucht. Bei
den Frauen wurden zwei Kernspintomographien durchgeführt, die erste vor der
Schwangerschaft, die zweite nach der Geburt des Kindes. Zum Vergleich wurden 19
erstmalige Väter sowie 20 Frauen und 17 Männer ohne Kinder untersucht.
Eines der Ergebnisse zeigte, was nicht auf den
ersten Blick erkennbar war. Während der Schwangerschaft war es zu einer
leichten Abnahme in den Arealen des präfrontalen und des temporalen Cortex gekommen.
Bei den Vätern wurde diese Veränderung nicht beobachtet.
Die Forscherin zieht einen Vergleich zur
Pubertät. In dieser Lebensphase, die ebenfalls durch eine Veränderung im
Hormonhaushalt ausgelöst wird, kommt es zu einem Abbau von Synapsen, den die
Hirnforscher mit dem Beschneiden von Bäumen vergleichen und als „Pruning“
bezeichnen.
Für diese These spricht, dass die
Hirnveränderungen keineswegs zu einem Verlust kognitiver Fähigkeiten führen. Das „Pruning“ könnte jedoch die
mütterliche Bindung an das Kind gefördert haben. Dafür sprechen die Antworten
in einem Fragebogen (Maternal Postnatal Attachment Scale). Die Ergebnisse der
jungen Mütter korrelierten hier mit dem Volumenrückgang in den sozialen
kognitiven Hirnzentren.
Genau diese Hirnzentren zeigten in einer
funktionellen Kernspintomographie eine vermehrte Aktivität, wenn den Müttern
Bilder ihrer eigenen Kinder gezeigt wurden. Weitere Untersuchungen ergaben,
dass die Veränderungen wenigstens über zwei Jahre nach der Geburt des Kindes
anhielten und damit möglicherweise das Verhalten der Mütter in einer Phase
prägen, in der das Wohlergehen des Kindes besonders stark von der Bindung an
die Mutter abhängig ist. Die Auswirkungen der Schwangerschaft auf das Gehirn
waren übrigens so ausgeprägt, dass eine Computersoftware anhand der
kernspintomographischen Aufnahmen zu 100 Prozent feststellen konnte, ob eine
Frau schwanger war oder nicht.
Eine Geburt hält
Frauenhirne jung
Das hat eine Analyse der Hirnstrukturen von
mehr als 12.000 Frauen mittleren Alters in Großbritannien ergeben. Bei Frauen,
die schon Kinder zur Welt gebracht hatten, wirkten die Gehirne jünger im
Verhältnis zu ihrem realen Lebensalter – verglichen mit gleichaltrigen Frauen,
die kinderlos geblieben waren. Die Studie erscheint im Fachmagazin PNAS. Nach
Einschätzung der Forscher von der Universität Oslo deuten die Ergebnisse darauf
hin, dass einige Veränderungen, die im Gehirn von Frauen während der
Schwangerschaft auftreten, auch im weiteren Leben fortwirken und das neurobiologische
Altern beeinflussen.
Mit Informationen aus www.aerzteblatt.de, www.deutschlandfunk.de/erforscht-entdeckt-entwickelt-meldungen-aus-der-wissenschaft.676.de.html?dram:article_id=461088