Donnerstag, 31. Oktober 2019

Welche positiven Eigenschaften eine Schwangerschaft auf das Gehirn hat


Christiane Jurczik

Eine Langzeitstudie  hat ergeben, dass es während der Schwangerschaft zu Veränderungen in Hirnarealen der sozialen Kognition kommt. Diese sind höchstwahrscheinlich für die spätere Fürsorge der Mutter für das Kind verantwortlich (Nature Neuroscience 2016; doi: 10.1038/nn.4458). Bei den Vätern wurden keine entsprechenden Veränderungen entdeckt – was aber eine Fürsorge nicht ausschließen muss.

Wenig beachtet wurden die Auswirkungen der Hormone auf das Gehirn. Das haben Elseline Hoekzema von der Universität Barcelona und Mitarbeiter an einer Gruppe von 25 Frauen mit Kinderwunsch untersucht. Bei den Frauen wurden zwei Kernspintomographien durchgeführt, die erste vor der Schwangerschaft, die zweite nach der Geburt des Kindes. Zum Vergleich wurden 19 erstmalige Väter sowie 20 Frauen und 17 Männer ohne Kinder untersucht.

Eines der Ergebnisse zeigte, was nicht auf den ersten Blick erkennbar war. Während der Schwangerschaft war es zu einer leichten Abnahme in den Arealen des präfrontalen und des temporalen Cortex gekommen. Bei den Vätern wurde diese Veränderung nicht beobachtet.

Die Forscherin zieht einen Vergleich zur Pubertät. In dieser Lebensphase, die ebenfalls durch eine Veränderung im Hormonhaushalt ausgelöst wird, kommt es zu einem Abbau von Synapsen, den die Hirnforscher mit dem Beschneiden von Bäumen vergleichen und als „Pruning“ bezeichnen.

Für diese These spricht, dass die Hirnveränderungen keineswegs zu einem Verlust kognitiver Fähigkeiten führen. Das „Pruning“ könnte jedoch die mütterliche Bindung an das Kind gefördert haben. Dafür sprechen die Antworten in einem Fragebogen (Maternal Postnatal Attachment Scale). Die Ergebnisse der jungen Mütter korrelierten hier mit dem Volumenrückgang in den sozialen kognitiven Hirnzentren.

Genau diese Hirnzentren zeigten in einer funktionellen Kernspintomographie eine vermehrte Aktivität, wenn den Müttern Bilder ihrer eigenen Kinder gezeigt wurden. Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Veränderungen wenigstens über zwei Jahre nach der Geburt des Kindes anhielten und damit möglicherweise das Verhalten der Mütter in einer Phase prägen, in der das Wohlergehen des Kindes besonders stark von der Bindung an die Mutter abhängig ist. Die Auswirkungen der Schwangerschaft auf das Gehirn waren übrigens so ausgeprägt, dass eine Computersoftware anhand der kernspintomographischen Aufnahmen zu 100 Prozent feststellen konnte, ob eine Frau schwanger war oder nicht.

Eine Geburt hält Frauenhirne jung

Das hat eine Analyse der Hirnstrukturen von mehr als 12.000 Frauen mittleren Alters in Großbritannien ergeben. Bei Frauen, die schon Kinder zur Welt gebracht hatten, wirkten die Gehirne jünger im Verhältnis zu ihrem realen Lebensalter – verglichen mit gleichaltrigen Frauen, die kinderlos geblieben waren. Die Studie erscheint im Fachmagazin PNAS. Nach Einschätzung der Forscher von der Universität Oslo deuten die Ergebnisse darauf hin, dass einige Veränderungen, die im Gehirn von Frauen während der Schwangerschaft auftreten, auch im weiteren Leben fortwirken und das neurobiologische Altern beeinflussen.

Mit Informationen aus www.aerzteblatt.de, www.deutschlandfunk.de/erforscht-entdeckt-entwickelt-meldungen-aus-der-wissenschaft.676.de.html?dram:article_id=461088


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