Kongress in Santiago de Chile. Foto: Mathias v. Gersdorff |
Ein umstrittenes Abtreibungsgesetz fand im chilenischen Senat am 19. Juli 2017 eine knappe Mehrheit. Zeitweise schien es, dass das Gesetz aufgrund des heftigen Widerstandes keine Mehrheit bekommen würde. Doch schließlich passierte es knapp. Entscheidend waren Stimmen von Christdemokraten, die sich in letzter Minute für die Liberalisierung aussprachen.
Die konservative Opposition hat schon während der Sitzung angekündigt, dass sie das Verfassungsgericht anrufen würde.
Das Gesetz sieht die Möglichkeit einer Abtreibung in drei Fällen vor: Todesgefahr für die Mutter, grobe Missbildung des ungeborenen Kindes und Vergewaltigung.
Über manche wichtige Aspekte des Gesetzes wurde noch nicht entschieden: Ob die Beratung der Frau neutral oder pro-Kind sein soll und wie umfassend die Gewissensfreiheit sein soll. Es herrscht Konsens, dass Ärzte nicht zu einer Abtreibung gezwungen werden dürfen. Uneinigkeit gibt es indessen, ob das begleitende Personal (Krankenschwestern, Anästhesisten etc.) auch dieses Recht enthalten sollen. Ebenso fand man keine Einigung, ob sich Krankenhäuser komplett Abtreibungen verweigern können.
Diese Teilaspekte des Gesetzes sind besonders wichtig, denn über sie will die Linke einen Anspruch auf Abtreibung etablieren und de facto ein „Recht auf Abtreibung“ einführen.
Sollte das Abtreibungsgesetz später nach der Salamitaktik erweitert werden, so könnten sich Krankenhäuser kaum noch wehren, wenn es praktisch zu einer Praxis der „Abtreibung auf Nachfrage“ käme.
Allerdings ist unsicher, ob in der laufenden Legislaturperiode, die dieses Jahr endet, die Debatte noch fortgeführt wird. Die Regierung der sozialistischen Präsidentin Michelle Bachelet hat signalisiert, dass sie für eine Zeit ein Ende der Debatte wünscht.
Im November dieses Jahres finden Wahlen des Präsidenten, des Senat und des Kongresses statt. Möglicherweise will Bachelet die katholische und evangelikale Wählerschaft nicht länger strapazieren. Auch die Christdemokraten werden ihrer Basis erklären müssen, wie es in allerletzter Minute zu einem Verrat am Recht auf Leben kam.
Die Debatte um die Abtreibung hat das südamerikanische Land tief aufgewühlt. Die bei weitem größten Demonstrationen kamen von den Gegnern der Liberalisierung. Die Befürworter erhielten stets Unterstützung der internationalen Abtreibungslobby.