Donnerstag, 7. März 2024

Vatikan verurteilt Verankerung des "Rechts" auf Abtreibung in französischer Verfassung


Lina Jurczik

Die Entscheidung Frankreichs, das Recht auf Abtreibung in seine Verfassung aufzunehmen, stößt auf entschiedenen Widerspruch seitens der französischen Bischöfe und des Vatikans.

Die Päpstliche Akademie für das Leben (PAV) hat in einer Erklärung vom 4. März nach der historischen Abstimmung betont, dass es im Zeitalter der universellen Menschenrechte kein "Recht" auf die Beendigung menschlichen Lebens geben könne. Die Akademie rief alle Regierungen und religiösen Traditionen dazu auf, den Schutz des Lebens als absolute Priorität zu betrachten und konkrete Maßnahmen zur Förderung von Frieden, sozialer Gerechtigkeit sowie einem allgemeinen Zugang zu Ressourcen, Bildung und Gesundheit zu ergreifen.

Während die PAV die sozioökonomischen und persönlichen Herausforderungen anerkennt, mit denen einige Familien und Frauen konfrontiert sind, betonte sie die Notwendigkeit, diese schwierigen Situationen im Dienst der menschlichen Person und der Brüderlichkeit anzugehen und die Schwächsten und Verletzlichsten zu schützen. Vor der Abstimmung am Montag äußerte der Bischof von Versailles, Luc Crepy, seine Traurigkeit und tiefe Ablehnung gegenüber dieser Entwicklung und betonte die Notwendigkeit, das Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod zu respektieren.

Frankreich hat eine Zweikammer-Legislative, bestehend aus der Nationalversammlung und dem Senat. Im Januar stimmte die Nationalversammlung für eine Verfassungsänderung bezüglich des Rechts der Frauen auf Abtreibung, und der Senat stimmte am 1. März ebenfalls zu. Am Montag, dem 4. März, verabschiedete das Parlament die Gesetzesvorlage in einer gemeinsamen Sitzung mit überwältigender Mehrheit.

Die Änderung wurde von Präsident Emmanuel Macron unterstützt und spiegelt einen breiten Konsens in der französischen Öffentlichkeit wider. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov sprachen sich 66 Prozent der Franzosen für eine Verfassungsänderung zum Schutz der Abtreibung aus. Einige vertreten die Ansicht, dass Macrons Unterstützung politisch motiviert sei, während andere argumentieren, dass die Entscheidung aufgrund eines gemeinsamen Gefühls der "Panik" französischer Frauen stattfand, wobei sie auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA vom Juni 2022 zur Aufhebung des Abtreibungsurteils Roe vs. Wade hinweisen.

Trotz der Debatte und des Widerstands seitens der Kirche und Lebensrechtler, haben die Befürworter des Gesetzes betont, dass es wichtig sei, die allgemeine Unterstützung zu nutzen. Die Abtreibung wurde in Frankreich 1975 entkriminalisiert, und 2022 wurde die Grenze für Abtreibungen auf 14 Schwangerschaftswochen erweitert. Papst Franziskus hat sich wiederholt als entschiedener Gegner der Abtreibung positioniert und sie als "Mord" bezeichnet. Er betonte, dass der Schutz des Lebens keine Ideologie, sondern eine menschliche Realität sei, die alle Christen betrifft.

Obwohl Frankreich den Beinamen "älteste Tochter der Kirche" trägt, ist der Glaube in den letzten Jahrzehnten im Land stark zurückgegangen. Laut einer Umfrage des Nationalen Instituts für Statistik und Wirtschaftsstudien bezeichnen sich nur 29 Prozent der Franzosen im Alter von 18 bis 59 Jahren als katholisch, und schätzungsweise nur 8 Prozent der Gläubigen besuchen regelmäßig sonntags die Messe.


Mittwoch, 6. März 2024

Lisa Paus begeistert: Deutsche Abtreibungspolitiker sehen sich durch Frankreichs Entscheidung gestärkt


Die Entscheidung Frankreichs, das Recht auf Abtreibung in der Verfassung zu verankern, wird erschreckender Weise von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) als bedeutender Schritt betrachtet. Dieser Schritt, so betont sie, sei in Europa einzigartig. Paus äußerte sich positiv über die Entwicklung und wies darauf hin, dass auch Deutschland die Rechtslage prüfe.

Die französische Entscheidung, die durch eine deutliche Mehrheit in beiden Parlamentskammern getroffen wurde, garantiert Frauen die "Freiheit“ zur Abtreibung. Paus hob hervor, dass diese Entwicklung auch Auswirkungen auf Deutschland haben könnte. In Anbetracht des Koalitionsvertrags, in dem die Stärkung der reproduktiven Rechte von Frauen als wichtiges Ziel benannt wurde, sei eine gesetzliche Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen auch in Deutschland im Gespräch.

Nach der Zustimmung des französischen Parlaments fordert die Partei "Die Linke" in Deutschland eine vergleichbare Änderung des Grundgesetzes. „Die Bundesregierung sollte dem Beispiel Frankreichs folgen und das Recht auf Abtreibung in das Grundgesetz aufnehmen“, sagte Linken-Chefin Janine Wissler 

Aktuell ist in Deutschland Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich nach Paragraf 218 des Strafgesetzbuches verboten, wobei alle Beteiligten strafrechtlich belangt werden können. Unter bestimmten Bedingungen - insbesondere die sog. Schwangerschaftskonfliktberatung -  bleibt der Abbruch in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft straffrei. Bundesministerin Lisa Paus erklärte, dass der Bericht einer Expertenkommission, der Mitte April erwartet wird, eine wichtige Grundlage für die Diskussion über die Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch bieten werde.

Die Ampel-Koalition hat bereits 2022 beschlossen, den Paragrafen 219a aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, der ein Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche beinhaltete. 

Die Ampel-Regierung hat zudem ein Gesetz gegen sog. "Gehsteigbelästigungen" auf den Weg gebracht, um Frauen auf dem Weg zu Beratungsstellen und Einrichtungen, die Abtreibungen durchführen, von Lebensrechtlern fern zu halten. Im Jahr 2022 wurden in Deutschland rund 104.000 gemeldete Schwangerschaftsabbrüche verzeichnet, wie das Statistische Bundesamt berichtete.


Montag, 29. Januar 2024

Bundeskabinett verabschiedet Gesetzentwurf gegen sog. "Gehsteigbelästigungen": Bußgelder von bis zu 5.000 Euro drohen


Das Bundeskabinett hat am 24. Januar 2024 einen Entwurf für das "Zweite Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes" beschlossen und an den Bundestag überwiesen.

Federführend ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJ) und seine Bundesministerin Lisa Paus.

Die Gesetzesnovelle strebt an, Mahn- und Gebetswachen vor Abtreibungspraxen, Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen oder Kliniken unter gewissen Bedingungen als Ordnungswidrigkeiten zu definieren und mit Geldstrafen von bis zu 5.000 Euro zu ahnden.

Die Ampel bezeichnet diese Mahnwachen bzw. Gebetsaktionen als "Gehsteigbelästigung", wodurch die diffamierende Intention des Bundesminister offenbar wird. 

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) räumte in einem Interview im ZDF-Morgenmagazin am 24. Januar 2024 ein, dass es sich bei Mahn- und Gebetswachen um ein quantitativ recht überschaubares Phänomen handelt. Aktuell würden Lebensrechtsorganisationen wie etwa „40 Days for Life“ laut ZDF-Informationen etwa zwei Mal im Jahr in "fünf süddeutschen Städten sowie in Kiel" vor entsprechenden Einrichtungen demonstrieren. Paus betonte jedoch, dass diese Aktivitäten in den letzten Jahren zugenommen hätten. Ihr Hauptanliegen sei es, das "Recht von Frauen auf Selbstbestimmung" zu schützen und sicherzustellen, dass sie "gute Beratung" ohne "Hass und Hetze" erhalten. 

Die ungeborenen Kinder, eigentlich die wichtigsten Personen in der ganzen Auseinandersetzung, wurden im Interview kein einziges Mal auch nur erwähnt.

Der Gesetzentwurf sieht beispielsweise vor, dass Schwangere nicht mehr gegen ihren Willen innerhalb eines Umkreises von 100 Metern angesprochen werden dürfen. Zudem sollen Plakate und Flyer mit "falschen Behauptungen" verboten werden. 

Interessanterweise scheinen Fernsehbilder von "Spießrutenläufen" oder Hass verbreitenden Lebensrechtlern selten zu sein. Die meisten Aufnahmen zeigen nur kleine Gruppen von Menschen, die still oder leise beten und Schilder mit Aufschriften wie "Gebet für das Leben", "Abtreibung ist keine Lösung" oder "Unborn Lives Matter" tragen. 

Das BMFSJ veröffentlichte am 24. Januar eine Pressemitteilung, in der Paus erklärte: "Diese Belästigungen sind nicht hinnehmbar. Um Schwangere, aber auch Ärzte und ihr Personal besser zu schützen, ist mein Haus schnell aktiv geworden." In enger Abstimmung mit dem Bundesministerium für Justiz und dem Bundesinnenministerium habe man intensiv geprüft, wie eine solche Regelung zu formulieren ist: Schon mehrmals wurde das Bestreben, den öffentlichen Auftritt von Lebensrechtlern zu begrenzen – etwa durch die Errichtung von Bannmeilen – gerichtlich verworfen. 

Für die Aktion SOS Leben ist die vorgesehene Gesetzesänderung nichts anderes als ein Angriff auf die Grundrechte von Lebensrechtlern, konkret auf die Religions- und Versammlungsfreiheit, sowie auf freie Meinungsäußerung. Im Gesetzentwurf wird den Lebensrechtlern ein rechtswidriges Verhalten unterstellt, der überhaupt nicht nachgewiesen werden kann. Das geplante Gesetz ist nichts anderes, als staatlich betriebene Einschüchterung. 


Freitag, 26. Januar 2024